Weihnachten in Island: ein nordisches Julfest
Wie feiert man Weihnachten am Rande der Arktis, in einer Jahreszeit, in der es weniger als 5 Stunden Tageslicht gibt? Eine sehr gute Frage. Die beste Antwort lautet: Man schmückt sein Haus mit Lichtern und genießt die Gemütlichkeit dieser Jahreszeit!
Die Isländer legen großen Wert auf Weihnachtsbeleuchtung, und im Dezember werden Häuser und Gärten großzügig geschmückt. Die bunte Lichterparade wird meistens bis in das neue Jahr fortgesetzt, um die Stimmung der Menschen in der dunklen Winterzeit zu heben.
Zu einem isländischen Weihnachtsfest gehört aber viel mehr als das. Es sind die Lichter, die Musik, die Folklore und die Traditionen der isländischen Weihnacht, die sie einzigartig machen.
Weihnachtstraditionen in Island
Viele isländische Weihnachtstraditionen werden amerikanischen und europäischen Reisenden bekannt vorkommen, etwa die geschmückten Weihnachtsbäume in Wohnzimmern, die großen Familientreffen und festlichen Weihnachtslieder.
Dennoch gibt es einige Aspekte, die das isländische Weihnachtsfest von anderen unterscheiden und ihm ganz eigenen Charme und Flair verleihen.
Weihnachtslichter
Früher waren Kerzen die einzige Weihnachtsdekoration, die uns Isländern zur Verfügung stand. Immer zur Weihnachtszeit brannten die aus Rinder- oder Hammelfett gemachten Talgkerzen besonders hell.
Diese Lichter waren üblicherweise für besondere Anlässe vorgesehen und weckten bei den Isländern eine Feststimmung, die den unbarmherzigen Winter ein klein wenig erträglicher machte.
Ab dem 19. Jahrhundert erhielten viele Kinder eine Kerze als Weihnachtsgeschenk. Viele glauben, dass aus diesem Grund am 24. Dezember die Stadt von Kertasníkir („Kerzenschnorrer“) heimgesucht wird, einem der 13 bösen Weihnachtsgesellen.
Der Osloer Weihnachtsbaum in Austurvöllur, Reykjavik. Foto: Visit Reykjavík/Ragnar Th.
Rundfunkwidmungen
Früher brauchte eine Nachricht zwischen zwei Isländern eine Weile, um ihr Ziel zu erreichen. Sie musste eine lange und beschwerliche Reise zurücklegen, da sie sich ihren Weg durch die unbewohnte Wildnis bahnen musste.
Mit der Gründung des nationalen Rundfunks RUV im Jahr 1930 erhielten die Isländer ein gemeinsames Kommunikationsmittel. Schon bald wurden die Weihnachtsgrüße über Radiowellen verkündet.
Das Senden und Empfangen eines Weihnachtsgrußes, der im Radio verlesen wurde, war zuerst für weit entfernte Verwandte gedacht, wurde aber bald zu einer kulturellen Tradition.
Bis heute wird fast das gesamte Radioprogramm am 23. Dezember von Weihnachtsgrüßen eingenommen, und viele Isländer schalten ein, um die Festansprache zu hören.
Isländische Weihnachtsmusik
Wer in Island Radio hört, wird feststellen, dass ab Anfang November in der Regel nur noch Weihnachtsmusik ertönt.
Natürlich haben die Isländer ihr eigenes Repertoire an Weihnachtsliedern. Dieser reicht von festlichen Volksliedern, die über Generationen weitergegeben wurden, bis hin zu italienischen, britischen und amerikanischen Popsongs, die ins Isländische adaptiert oder übersetzt wurden.
Traditionelle Volkslieder
Volksmelodien kennen keine Landesgrenzen, und so sind viele der Weihnachtslieder, die von Kindern und Eltern während des isländischen Weihnachtsfestes gesungen werden, nur lokale Variationen von Liedern, die in ganz Europa und darüber hinaus bekannt sind.
Manchmal wirken die Texte, die nach Jahrhunderten mündlicher Überlieferung schließlich zu Papier gebracht wurden, wie das Ergebnis eines langen Stille-Post-Spiels.
Der Text des traditionellen Liedes „Jólasveinar ganga um gólf“ kann etwa so übersetzt werden:
„Die Weihnachtsgesellen tollen auf dem Boden
Ein goldener Stock in ihrer Hand
Ihre Mutter fegt den Boden
Und versohlt sie mit einer Rute.“
Wie diese Texte genau zu interpretieren sind, ist jedem selbst überlassen, denn der Charme des Liedes liegt in seiner langen und freizügigen Entwicklung.
Moderne isländische Weihnachtsmusik
In den vergangenen Jahrzehnten haben es sich isländische Musiker zur Gewohnheit gemacht, ausländische Lieder zu übernehmen und als isländische Weihnachtsmusik zu präsentieren, auch wenn die ursprüngliche Melodie nichts mit Weihnachten zu tun hat.
Oft werden diese Lieder aus der italienischen Musikszene übernommen und an die isländischen Hörgewohnheiten angepasst.
Auf Spotify können Sie sich isländische Weihnachtslieder anhören, einige Melodien werden Sie vielleicht erkennen.
Weihnachtliche Essgewohnheiten in Island
In den Wochen vor Weihnachten genießen die Isländer eine Vielzahl von saisonalen Speisen und Getränken.
Familien backen verschiedene Plätzchensorten und trinken Malt og appelsín, das beliebteste Weihnachtsgetränk des Landes. Dabei handelt es sich um ein örtlich hergestelltes, süßes Mischgetränk aus Malzextrakt und Orangenlimonade.
Diese Köstlichkeiten werden von Isländern während der gesamten Festzeit genüsslich mit Familie und Freunden in der Wärme ihrer Häuser geteilt.
Es gibt auch große Festmahle, die viele gemeinsam besuchen. Dazu gehören vor allem die Herstellung von isländischem Laufabrauð und der Verzehr von Rochen am Tag der Þorláksmessa.
Þorláksmessa
Am 23. Dezember, der so genannten Þorláksmessa, verspeisen viele Isländer fermentierten Rochen zu Ehren des Heiligen Þorlákur helgi aus dem 12. Jahrhundert, der an diesem Tag im Jahr 1193 starb und später geweiht wurde.
Das mag nach einem etwas ungewöhnlichen Fest klingen, aber der 23. Dezember galt in Island als letzter Adventtag und markierte das Ende der Fastenzeit. Traditionell wurde nämlich zu Beginn der Weihnachtszeit kein Fleisch mehr verzehrt.
Die Teilnahme an der Þorláksmessa ist nichts für schwache Nerven. Dieses traditionelle Fischgericht hat einen beißenden Geruch, der sowohl den Raum, in dem es gekocht wird, als auch die Haare und Kleidung aller Anwesenden durchdringt. Man sagt, der Verzehr dieses übelriechenden Fisches mache das Weihnachtsessen noch schmackhafter. Ungeachtet des Geruchs, die Tradition lebt weiter.
Laufabrauð
Eine weitere einzigartige isländische Weihnachtstradition ist die Herstellung und der Verzehr des dünnen und knusprigen Fladenbrots laufabrauð (übersetzt „Blattbrot“, was auf seinem Blatt-ähnlichen Aussehen beruht).
In der Adventszeit kommen Familien zusammen, um mit viel Zeitaufwand dekorative Muster auf ihrem Laufabrauð zu formen, denn die Zubereitung dieses köstlichen Gebäcks ist ein echter Familienspaß. Somit wurde Laufabrauð zum wesentlichen Bestandteil des Weihnachtsessens vieler isländischer Familien.
Auch in Supermärkten und Bäckereien ist es zu finden. Wer sich selbst daran versuchen möchte, Laufabrauð zu backen, sollte daran denken, vor dem Braten mit einer Gabel kleine Löcher in die Oberfläche zu stechen. Andernfalls kann der Teig bis zur Unansehnlichkeit aufgehen und platzen.
Isländische Traditionen zu Heiligabend
Die Traditionen des 24. Dezembers, des wichtigsten Weihnachtstages in Island, werden in der Regel sehr sorgfältig und andächtig befolgt.
Dieser Tag ist eine ruhige, friedliche und private Angelegenheit, bei der die Isländer mit ihren Familien zusammenkommen. Oft folgt er einem festen Ablauf, der kaum Raum lässt für unbeschwertes Feiern, Improvisationen im Programm oder gar Änderungen des Speiseplans.
Bei vielen Familien steht ein geschmückter Weihnachtsbaum stolz im Wohnzimmer. Wenn Kinder im Haus sind, wird sich traditionell um den Weihnachtsbaum an den Händen gehalten, um klassische Weihnachtslieder zu singen und die zugehörigen Tanzbewegungen aufzuführen.
Wenn am Abend des 24. Dezember die achtzehnte Stunde schlägt, verkündet der nationale Rundfunk den offiziellen Beginn des Weihnachtsfestes, und jeder wünscht seinen Lieben frohe Weihnachten (auf Isländisch: Gleðileg jól).
Die Familie kommt zu einem Weihnachtsessen zusammen, das in der Regel aus Fleischgerichten besteht, wobei Schweinefleisch und Schneehühner sehr beliebt sind. Neuerdings entscheiden sich jedoch immer mehr Menschen für vegetarische Varianten. Für viele sind in Zucker gebratene Kartoffeln ebenfalls ein wesentlicher Bestandteil des Weihnachtsessens.
Anschließend öffnet die Familie die unter dem Weihnachtsbaum gestapelten Geschenke, und man liest sich Weihnachtskarten von Familie und Freunden vor. Bücher sind sehr beliebt zu Weihnachten, das Verschenken von Büchern ist Teil der Jólabókaflóð-Tradition.
Reykjavík zu Weihnachten
Besucher Islands können das Lichterfest genießen. Von den festlichen Lichtern, die den Tjörnin-See im Stadtzentrum von Reykjavík schmücken, bis zu einer großen Weihnachtskatze, aufgestellt an der Kreuzung der Austurstræti und Lækjargata, gibt es überall schöne Weihnachtsbeleuchtung zu bewundern.
Weiter entlang auf der Austurstræti finden Sie auf dem Ingólfstorg-Platz eine saisonale Eislaufbahn und einen Weihnachtsmarkt. Obwohl dieser bescheidener ausfällt als die klassischen deutschen Weihnachtsmärkte, verleiht die Lebendigkeit des Platzes der Stadt Reykjavík einen festlichen Charakter.
Von Schnee-verzierten Straßen bis zu gemütlichen Cafés, in die man sich zurückziehen kann, ist ein Besuch in Reykjavík zu Weihnachten ein wahrhaft magisches Erlebnis, das man nicht verpassen sollte. Nicht minder aufregend ist das Neujahrsfest, dann feiern wir Isländer das Licht noch intensiver mit dramatischen Feuerwerken und Lagerfeuern.
Isländische Weihnachtsfolklore
Die ungezähmte Natur und geografische Lage der Insel haben auch ihre Folklore geprägt.
Die Dunkelheit der Weihnachtszeit hat allerlei furchterregende Kreaturen heraufbeschworen, darunter eine furchterregende Gruppe von Weihnachtsgesellen, 13 an der Zahl, sowie das Trollweib Grýla und eine schaurige Weihnachtskatze.
Die Weihnachtskatze und die Weihnachtsgesellen
Früher war es üblich, dass jeder Arbeiter auf einem Bauernhof zur Weihnachtszeit ein neues Kleidungsstück erhielt, zum Teil als Belohnung für harte Arbeit in den Wochen vor Weihnachten, aber auch um die jólaköttur (Weihnachtskatze) fernzuhalten.
Dieses Fabelwesen soll angeblich alle fressen, die am Heiligabend nichts Neues zum Anziehen haben. So ist es zur Tradition geworden, dass Kindern neue Kleidungsstücke geschenkt werden, um sich davor zu schützen.
Woher stammt die Idee einer seltsamen Kreatur wie der Weihnachtskatze? Die Wurzeln dieses Fabelwesens reichen bis in die Zeit zurück, als die Isländer noch in abgeschiedenen Torfhäusern lebten.
Mitten im Winter, im Angesicht der heraufziehenden Dunkelheit, wenn draußen seltsame Geräusche zu hören sind, ist leicht zu verstehen, wie die Weihnachtskatze – und all ihr Gefolge – in der Vorstellung der Isländer entstehen konnten.
Vom Trollweib Grýla und ihrem schmutzigen Ehemann Leppalúði bis hin zu den frechen kleinen Weihnachtsgesellen, die Türen zuschlagen und Kerzen stehlen: In der Dunkelheit werden diese Figuren lebendig.
Daher überrascht es kaum, dass mit dem Einzug der modernen, gut beleuchteten Betonhäuser all diese Kreaturen zahmer und freundlicher geworden sind. Anstatt zu stehlen und Schaden anzurichten, haben die Weihnachtsgesellen jetzt die Angewohnheit, Leckereien in den Schuhen der Kinder zu hinterlassen.
So ist eine Tradition entstanden, bei der die Kinder einen Schuh auf der Fensterbank ablegen, in der Hoffnung, eine kleine Leckerei zu erhalten.
Die Weihnachtsbräuche in Island haben sich stark verändert. Die Verdrängung der Kerzen durch Elektrizität führte uns vom blassen Schein brennenden Talgs bis zu den bunten Weihnachts-Lichterparaden, die wir von heute kennen.
In den dunkelsten Tagen des Jahres will man so viel Licht sehen wie möglich. Und Weihnachten in Island ist wahrhaftig ein Lichterfest.
Entdecken Sie es selbst mit einer Weihnachtsreise nach Island. Wir von Icelandair freuen uns darauf, Sie an Bord zu begrüßen.